Größtes Weihrauchfass der Welt

"Wir sind Weihrauchfass"

"Wir sind Weihrauchfass"

Festlich geschmückt...

Der Münsterschwarzacher Abt Michael Reepen hat in Wiesental das wohl größte schwenkbare Weihrauchfass der Welt eingeweiht. Er würdigte das Projekt der Ministrantinnen und Ministranten der Pfarrei St. Jodokus als ein Symbol für die Herausforderung eines Lebens aus dem Glauben.

Über sprachliche Ungereimtheiten muss man manchmal hinwegsehen, wenn es um berühmte Zitate und Aussprüche geht. Die Schlagzeile vom 20. April 2005 gehört zu diesen Sätzen: „Wir sind Papst“ titelte die „Bild-Zeitung“ am Tag nach der Wahl von Joseph Ratzinger zum neuen Papst Benedikt XVI., dem ersten deutschen Papst seit über 500 Jahren. Abt Michael Reepen aus Münsterschwarzach scheute sich nicht,
diese Schlagzeile aufzugreifen und in sowohl origineller als auch sinnvoller Weise zu verändern. Eigentlich sollte an seiner Stelle Freiburgs Erzbischof Robert Zollitsch am Ambo der St.-Jokodus-Kirche in Wiesental stehen. Weil er jedoch Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz ist, musste er zur Kardinalserhebung seines Münchener Kollegen Reinhard Marx nach Rom – also zu Papst Benedikt XVI. So war nun der Abt der Benediktinerabtei aus dem Bistum Würzburg nach Wiesental gekommen, um dort das vermutlich größte Weihrauchfass der Welt einzuweihen.

 

Gruppenfoto aller Ministranten mit Abt und Weihrau

Das Weihrauchfass ist auch ein Kunstwerk

Die Choralschola der Ministranten

Schon seit einigen Jahren wetteifern deutsche Ministranten darum, das berühmteste große Weihrauchfass in Santiago de Compostela zu überbieten und gelungen ist dies mittlerweile schon mehrfach. 2004 haben Messdiener im oldenburgischen Lohne ein stehendes 3,21 Meter hohes Rauchfass gebaut. Seit 2008 hält die Jugendkirche Bielefeld mit ihrem 3,82 Meter hohen Fass den Rekord unter den stehenden Fässern. Nicht ganz so groß, aber dafür schwenkbar wie ein übliches Weihrauchfass, ist der Rekordbeitrag aus Münsterschwarzach: 1,20 Meter im Durchmesser misst das Fass, das von der Gold und Silberschmiede der Benediktiner gefertigt wurde und die Wiesentaler bei einem Besuch so sehr beeindruckte, dass sie sich ein eigenes Weihrauchfass wünschten.
„Klöster sollen Orte der Inspiration sein. Orte, an denen der Heilige Geist strömt. Ihr habt das genau richtig verstanden“, ruft Abt Michael Reepen an diesem Tag der Einweihung den Ministranten in Wiesental zu. „Am Anfang steht nur die Idee, aber ihr habt die Widerstände ausgehalten, euch durch die Enttäuschungen nicht entmutigen lassen, seid ausgelacht worden und habt gespürt, welche Power in Gemeinschaft steckt! Der Weg war kein Zuckerschlecken, sondern hartes Vollkornbrot. Aber so geht Glaubensleben!“

 

St. Jodokus wird zu einem gefühlten Petersdom

Das Weihrauchfass schwingt...

Die Ministranten von St. Jokodus hatten sich nicht nur zum Ziel gesetzt, das vermutlich größte schwenkbare Weihrauchfass der Welt zu bauen, sondern es sollte auch ein Kunstwerk werden, dass der Liturgie angemessen ist. Der erstmals verliehene Kunstpreis der Erzdiözese Freiburg machte sie auf den Künstler Otfried Kallfass aufmerksam, den der gebürtige Breisacher mit einer Monstranz aus Pappe gewonnen hatte. Er lieferte einen Entwurf, der die Ministranten begeisterte und die Leserbriefschreiber auf den Plan rief: Eine Aluminiumkugel in Planetenform und ein Spaceshuttle als Weihrauchschiffchen. Ob es nun zu teuer, zu groß, zu modern oder zu anders ist – für Abt Michael Reepen ist das Weihrauchfass ein Anschauungsobjekt christlichen Lebens: „Wenn Paulusschreibt: ,Wir sind Christi Wohlgeruch‘, dann heißt das heute, wir alle sollen uns verbrennen lassen und den Weihrauchduft Christi verbreiten. Wir alle sollen Ministranten sein. Wir alle sind Weihrauchfass – zur Freude der Menschen und zur größeren Ehre Gottes.“

 

Weihrauchfass in St. Jodokus

Der Moment, an dem das Rauchfass von einem Stahlseil emporgezogen wird und langsam zu schwingen beginnt, hat etwas Majestätisches an diesem Samstagnachmittag. Unter dem Gesang des Chores und der Gemeinde „Mein Gebet steige wie Weihrauch zu dir auf“, heben die Initiatoren des Projekts, die Wiesentaler Oberministranten Johannes Groß, Markus Zepp, Michael und Gregor Käpplein und der Vorsitzende des Vereines ehemaliger Ministranten, Matthias Knebel, die obere Halbkugel des Fasses an. Abt Michael, Künstler Otfried Kallfass und andere Fürbitten-Sprecher legen nun kostbaren, israelischen Weihrauch auf die Kohlen. In vier Körben verbrennt der Weihrauch und steigt in einer beachtlichen Rauchsäule auf.



Als das in der Zwischendecke der Kirche befestigte Stahlseil im Inneren der Kugel eingehängt ist und die Kugel ganz langsam nach oben gezogen wird, setzen Orgel, Blechbläser und Pauken zu einem bombastischen Klangwerk an, das die St.-Jokodus-Kirche mindestens für die Ministranten in einen gefühlten Petersdom verwandelt. Das begeisterte Klatschen der Kirchenbesucher, als das Weihrauchfass über den Altar und die ersten Bankreihen hinwegschwingt, gleicht der Enthüllung des großen Gemäldes eines neuen Heiligen nach seiner feierlichen Heiligsprechung.
Ein Spektakel, das gar keiner großen Erklärung bedarf. Abt Michael Reepen findet ganz einfache und zustimmende Worte für die Ministranten: „Man darf spinnen und man muss manchmal groß denken. Glauben heißt auch: Sehnsucht nach mehr zu haben. Glauben heißt, nach den Sternen zu greifen. Ja, wir dürfen ein großes Fass sein, im Sinne der Ministranten.“
Für die Wiesentaler ist Abt Michael so etwas wie ein Ober-Oberministrant. Er kannte die Gemeinde bereits vor der Einweihung des Weihrauchfasses, kannte die Ministranten von ihren Besuchen in der Abtei und er kannte ihre Begeisterung für große Projekte. So hatten sich die Ministranten für das Pfarrpatrozinium im Jahr 2008 das Münsterschwarzacher Weihrauchfass ausgeliehen und schon einmal damit geübt. Für den Abt ist das kein unnützes Großprojekt. Denn verrückte Ideen in die Tat umzusetzen, ist auch Teil des Glaubens. Oder mit anderen Worten: Das ist Weihrauchfass!

(Benedikt Plesker, Konradsblatt)

 
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